Aufruf zum Abschiebedrehkreuz Halle/Leipzig am 27.5.2016

ein Aufruf des Antirassistischen Netzwerks Sachsen-Anhalt

 

Demonstrationsaufruf zum 27. Mai am Abschiebedrehkreuz Halle-Leipzig

Nationalismus abbauen! Menschen in den Mittelpunkt rücken!

-> zum Flyer

Am 28. April fand bereits die fünfte vom Land Sachsen-Anhalt organisierte Sammel-
abschiebung über den Flughafen Halle-Leipzig statt. Damit hat Sachsen-Anhalt allein
in diesem Jahr bereits 403 Personen unter Zwang aus dem Land gebracht. Doch auch
Sachsen organisiert immer wieder Sammelabschiebungen und investiert damit in die
Fluggesellschaften. Zielländer sind in erster Linie die Balkanstaaten. Der Übergang
von Einzel- zu Sammelabschiebungen und die Erhöhung des Etats um das dreifache,
machen deutlich, dass der Ausbau zum Abschiebeflughafen weiter vorangetrieben
werden soll.

Die ersten Schritte zu einer menschenverachtenden Asylpolitik
Mit dem Anstieg an Geflüchteten und deren Unterkünfte seit 2013 in Deutschland,
hat in jedem neuen Jahr die Anzahl der Angriffe auf diese stark zugenommen. Es
könnte fast die These aufgestellt werden, dass der Volksmob nur darauf gewartet hat,
seinen Nationalsport aufzunehmen, es fehlte wohl bisher nur an passenden Zielen.
Zeitgleich entstanden AfD, Pegida und sonstige Gruppierungen von völkischen
Nationalchauvinisten und Rassisten. Wir erinnerin uns: Anfang der 90er kam es zu
den bekannten rechtsradikalen Auschreitungen in Hoyerswerda, Rostock, Mölln und
Solingen. Der Volksmob war aktiv. Der Bund änderte prompt 1993 (‚Asyl-
kompromiss‘) das Grundgesetzes und führte damit sichere Herkunfstaaten ein. Mit
der Zunahme der Angriffe ab 2013 begann nun auch zunehmend die Anwendung:
2014 wurden Teile der Balkanstaaten, 2015 die restlichen in die Liste sicherer
Herkunfstaaten aufgenommen. Angesichts der lebensgefährlichen Diskriminierungen
von Sinti und Roma, die hautpsächlich aus den Balkanstaaten flüchten, ist der Begriff
’sicherer‘ Herkunfstaat reine Augenwischerei. Stattdessen handelt es sich um
unliebsame Flüchtlinge. Die sichere Herkunftstaatenregelung ist abzuschaffen,
insbesondere weil der Bund seine Unfähigkeit die individuelle Bewertung
vorzunehmen durch die massenhaften Abschiebungen von Roma und Sinti belegt hat.

Anerkannter Flüchtling auf Zeit
Die Lebenssituation der zu großen Teilen entrechteten Flüchtlinge ist zunächst prekär.
Nach der Flucht können einige Rechte mit einer Aufenthaltserlaubnis erlangt werden.
Es folgt in der Regel der Asylantrag. Je nach Flüchtlingsstatus wird eine Aufenthalts-
erlaubnis von bis zu drei Jahren erteilt. Später muss ein weiterer Antrag gestellt
werden. Nach jahrelangem Aufenthalt kann im besten Fall eine Niederlassungs-
erlaubnis erfolgen. Es kann aber auch eine Abschiebung stattfinden wie es mit
Menschen aus dem Irak und dem Kosovo geschehen ist. Das Herausreißen aus dem
Lebensumfeld ist grausam Inhuman und die Forderung nach Integration ist blanker
Hohn angesichts der langjährigen Bedrohung durch die Abschiebung. Anerkannte
Flüchtlinge müssen ein dauerhaftes Bleiberecht erhalten. Manch ein Flüchtling zieht
logischerweise ein Leben in der Illegalität vor und verzichtet lieber auf Rechte anstatt
in die gefährliche Heimat zurückzukehren. Das beschreibt die Unzumutbarkeit von
Abschiebungen und die Unmenschlichkeit der Asylpolitik.

Abschiebepraxis
Nachdem das BAMF mit Außenstelle in Halberstadt einen Asylantrag abgelehnt hat,
folgt eine Abschiebeandrohung mit einer Frist, die zwischen 7 und 30 Tagen liegt. In
dieser Zeit kann eine ‚freiwillige Ausreise‘ vollzogen werden. Eine Asylklage zögert
eine Abschiebung hinaus. Jetzt kann noch eine Duldung der örtlichen Ausländer-
behörde aufgrund von vielfältigen Abschiebungshindernissen erfolgen. Ohne
Duldung prüft die örtliche Ausländerbehörde den Verbleib und kann die Abschiebung
in die Wege leiten. Dazu kann die Behörde Tickets für einen gewöhnlichen
Linienflug buchen und die Information an die Polizeidirektion Süd in Halle
weitergeben, die den Polizeieinsatz koordiniert. Das Abholen erfolgt in der Regel
mitten in der Nacht durch Bundes- oder Landespolizei, die Flieger starten dann meist
um Mittag. Wenn eine Begleitung beim Flug erfolgt, dann durch die sich freiwillig
meldenden Bundespolizisten der etwa 600 Personenbegleiter Luft. Sammel-
abschiebungen verlaufen etwas anders. Der Polizeieinsatz ist wesentlich größer, grob
die Hälfte der Sitzplätze im Flugzeug wird von der Bundespolizei besetzt und ein Bus
wird eigens für die Anreise gemietet. Die Organisation der Charterflüge und die
Kooperation mit anderen Bundesländern oblag bisher der zentralen Abschiebestelle in
Halberstadt, seit letztem Jahr jedoch einem eigenen Bereich im Innenministerium.
Für diese Abschiebepraxis ist nicht nur Bund und Land verantwortlich zu machen.
Die gesellschaftlichen Zustände lassen zu, dass in breiter Zusammenarbeit
Abschiebungen durchgeführt werden können. Dabei kann das auch anders ablaufen.
Die Lufthansa gibt an keine Sammelabschiebungen durchzuführen, was vermutlich
auf die Imageschäden durch die Initiative ‚kein Mensch ist illegal‘ zurückzufüren ist.
Oft sind die Menschen bei einer Abschiebung verängstigt und Pilot_Innen verweigern
hin und wieder die Mitnahme bei Einzelabschiebungen, weil es ihnen aufgrund von
Sicherheitsbedenken erlaubt ist. Das Bundesland Bremen, das prozentuale
Schlusslicht bei Abschiebungen, hat kein Interesse am Wetteifer der anderen
Bundesländer teilzunehmen. Natürlich können hier finanzielle Aspekte im
Vordergrund stehen. Eine Abschiebung kostet Geld und die Personen sind dann
ohnehin entweder Illegale oder sie verlassen das Land. Abschiebungen sind und
bleiben ein nicht zu rechtfertigender Eingriff in das Leben eines Menschens.
Dort wo den Behörden keine Ausweisung möglich ist, übernehmen häufig Rassimus
und Volksmob das Ruder und machen den Geflüchten das Leben so unangenehm,
dass diese ohnehin nicht mehr bleiben wollen. Dem entgegen steht lediglich ein
Bevölkerungsanteil, der an der Integration von anerkannten Flüchtlingen interessiert
ist, zum Teil sogar nur aus rein wirtschaftlichem Interesse.
Deshalb rufen wir zusammen mit einer Gruppe aus Leipzig dazu auf am 27.Mai um
16.00 Uhr am Flughafen Halle-Leipzig zu demonstrieren und den Airport zu begehen.
Stellen wir uns öffentlich dem gesellschaftlichem Ekel entgegen!
Gemeinsamer Treffpunkt Halle Hauptbahnhof: 15.00 Uhr
Für einen dauerhaften Abschiebestopp, ein dauerhaftes Bleiberecht & gegen die
Entrechtung!
–––––––––––––––– Antirassistisches Netzwerk Sachsen-Anhalt –––––––––––––––––

 

Den Flyer gibt es hier.