Abschlussresolution des 11. Bundeskongresses der Medibüros, Medinetze und Medizinischen Flüchtlingshilfen 2018

Zum 11. Bundeskongress der Medibüros, Medinetze und Medizinischen Flüchtlingshilfen vom 25. bis zum 27. Mai 2018 in Kiel wurde die medizinische Versorgung von Schwangeren ohne Papiere als Schwerpunkthema festgelegt und behandelt. Im Zuge der verschiedenen Veranstaltungen hat sich der Bundeskongress mit Vertreter*innen aus Politik und Praxis mit diesem Thema auseinandergesetzt.
Basierend auf dieser intensiven Auseinandersetzung mit dem Zugang zur medizinischen Ver-
sorgung von Schwangeren ohne Papiere wurde folgende Resolution von den versammelten
Medinetzen, Medizinischen Flüchtlingshilfen und Medibüros verfasst.

Die Versammlung stellt fest:

  • Viele der Menschen, die sich mit medizinischen Fragen an die Medibüros, Medinetze und Medizinischen Flüchtlingshilfen wenden, sind Frauen, die in der Schwangerschaft bezogen auf Vor- und Nachsorge sowie die Geburt nicht ausreichend versorgt sind.
  • In der Praxis sind die vom Gesetzgeber vorgesehenen Zugänge zur medizinischen Versorgung zur Vor- und Nachsorge, sowie zu einer adäquaten Entbindung ineffizient, da diese zu aufenthaltsbeendenden Maßnahmen führen können.
  • Frauen sind daher in besonderem Maße von den Restriktionen des Aufenthaltsrechtes be-
    droht und der Zugang zu den medizinisch erforderlichen Maßnahmen während und nach der Schwangerschaft ist in dieser Zwangslage nicht gesichert.
  • Durch die Unterzeichnung des „Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau vom 18. Dezember 1979“ der Vereinten Nationen hat sich die Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 2 und 12 dazu verpflichtet allen Frauen, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus Zugang zur essentiellen Gesundheitsversorgung im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt, falls notwendig kostenlos zu gewähren.
  • Die derzeitige Gesetzgebung führt dazu, dass Mütter ohne Papiere aus Angst vor Abschiebungen keine Geburtsurkunde für Ihr Kind ausstellen lassen. Dies gefährdet die familiäre Einheit von Mutter und Kind, da die elterliche Sorge nicht dokumentiert ist.

Die Versammlung stellt folgende Forderungen an die Politik:

  1. Die Bundesregierung wird aufgefordert die Gesetzgebung zur Meldepflicht (§ 87/88 Auf-
    enthG) von öffentlichen Stellen bis 2020 dahingehend zu überarbeiten, dass Menschen mit unabweisbaren medizinischen Bedarfen – insbesondere im Fall einer Schwangerschaft – ausgenommen sind.
  2. Die Bundesregierung muss durch gesetzliche Grundlagen gewährleisten, dass Mütter ohne Papiere ihre Neugeborenen angstfrei und ohne von Abschiebungen bedroht zu sein, beim Standesamt anmelden können.
  3. Die Landesregierungen in Deutschland werden aufgefordert, unabhängige Beratungsangebote und Clearingstellen zu schaffen, um Menschen in der  aufenthaltsrechtlichen Illegalität mögliche Wege zum Erwerb eines Bleiberechts und zur Integration in die gesundheitliche Regelversorgung aufzuzeigen.Versorgung von Schwangeren ohne Papiere
  4. Die Kommunen sollen vorhandene wie auch neue Beratungsangebote im Gesundheitsbereich derart gestalten, dass diese anonymisiert oder pseudonymisiert von Menschen ohne Papiere wahrgenommen werden können. Damit soll generell ein Zugang zur Regelversorgung hergestellt werden.

Die ursprüngliche Version der Resolution inklusive der unterzeichnenden Gruppen findet sich hier.